Die meisten Auslandsstandorte der Vorarlberger Firmen betreibt mit 188 an der Zahl ALPLA. Der Harder Kunststoffspezialist übernimmt durch einen glücklichen Zufall im Jahr 1968 ein Kunststoffwerk in Venezuela und erschließt damit rasch zuerst den südamerikanischen Kontinent, dann Nordamerika. Mittlerweile finden sich in 47 Ländern auf vier Kontinenten ALPLA-Niederlassungen. Eines der neuesten Werke entstand vergangenes Jahr in Marokko. Neben Preforms, die zu PET-Flaschen für die Getränkeindustrie aufgeblasen werden, werden im Werk Tanger Kunststoffpaletten gespritzt so-wie Verpackungsfolien extrudiert. Derzeit sind 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diesem Standort beschäftigt.
Weltweit nennen 23.300 Menschen ALPLA ihren Arbeitgeber. Die Arbeitsphilosophie des ALPLA Gründers Alwin Lehner und seiner Family of Pioneers greift in allen Niederlassungen, sogar die Vorarlberger Lehrlingsausbildung wird international vorangetrieben. In Mexiko, China, Indien, Rumänien, Polen, Südafrika und Deutschland können Auszubildende einen Lehrabschluss nach Vorarlberger Vorbild absolvieren.
150 Jahre Erfahrung
Die frühesten Auslands-Niederlassungen eines Vorarlberger Unternehmens gründet wahrscheinlich Ferdinand Weiss um 1875 am Mittelmeer (Triest, Venedig und Genua) und in der Schweiz. Mittlerweile zählen 180 firmeneigene Standorte zum Full-Service-Logistiker Gebrüder Weiss. Die Kultur der jeweiligen Landesorganisationen ist eine Mischung aus regionaler Kultur und der Lauteracher Unternehmenskultur. Der familiäre Charakter ist der „orangen Familie“, die aus rund 8400 Mitarbeitern besteht, auch in der globalen Struktur sehr wichtig und das gelingt über persönliche Beziehungen zwischen den Standorten, Teams und Kollegen. Jede neue Niederlassung wird mit gezielten Maßnahmen (myOrange-College, GW App, Schulungen, Onboarding) in das Unternehmensnetzwerk integriert.
Globale Verbindungen, lokale Stärken
Persönliche Beziehungen über Ländergrenzen hinweg sind auch dem Feldkircher Automatisierungsspezialisten Bachmann electronic auffallend wichtig. Dass Kollegen aus den Standorten USA, Dänemark und China zur Weihnachtsfeier oder dem Sommerfest anreisen, ist durchaus üblich. Viele der rund 550 Mitarbeiter der ausländischen Werke kennen den Hauptsitz persönlich. Vergangenes Jahr wurden Techniker aus Korea, wo sich die neueste Bachmann-Niederlassung befindet, in Feldkirch für ihre Aufgaben geschult.
Die koreanische Stadt Busan ist die Welthauptstadt des Schiffbaus und damit sehr bedeutend für die Maritim-Lösungen des Unternehmens. Bachmann electronic automatisiert unter anderem Schiffsantriebe oder Hafenanlagen. Der Standort im deutschen Rendsburg hingegen ist nur jeweils 50 Kilometer von Nord- und Ostsee entfernt. Dort bündelt das Unternehmen strategisch Know-how seiner Automatisierungslösungen im Bereich Windenergie.
Kompetenz- und Kulturaustausch
Auch Getzner Werkstoffe nutzt seine Niederlassungen in sieben Ländern auf fünf Kontinenten als Kompetenzcluster. Die Produktionsstätte für die Isotop-Reihe, Polyurethan-Metall-Kombinationen, befindet sich beispielsweise in der Nähe von Stuttgart. Isotop-Schwingungsdämpfer kommen als Maschinenlager zum Einsatz und minimieren Vibrationen und Schall. Zum Austausch mit dieser und anderen Niederlassungen werden regelmäßig heimische Kollegen versandt. Sie haben fachliche Kompetenzen, den Unternehmensspirit und Vorarlberger Mentalität im Gepäck; für die asiatischen Standorte auch immer Schokolade aus dem Milka-Lädele des Bludenzer Mondelez-Werks, für die deutschen Kollegen Vorarlberger Bergkäse und Subira Schnaps.
Im Rahmen des firmeninternen Onboarding-Programms und für Schwerpunktschulungen werden ausländische Mitarbeiter nach Bürs eingeladen. Diese Besuche werden gern für ein umfangreiches Rahmenprogramm genutzt, das die Kultur und Philosophie Vorarlbergs beispielsweise beim Besuch der Wasserkraftwerke für grünen Strom, bei Wanderungen oder Kässpätzle näherbringt. Vom modernen Firmensitz von Getzner Werkstoffe inmitten der Berge sind die internationalen Kollegen – wie es heißt – „immer wieder vollauf begeistert“.
Wallenmahd – Shanghai
Dass Industrie und Landwirtschaft direkt nebeneinander existieren wie in Vorarlberg, stößt auch bei den ausländischen Blum-Mitarbeitern auf Erstaunen. Eine 14-köpfige Delegation aus China wurde 2023 beim Eintreffen ins Dornbirner Werk zufällig durch das Muhen einer Kuh von der gegenüberliegenden Wiese begrüßt. Viele der chinesischen Techniker hatten, man mag es kaum glauben, eigenen Aussagen zufolge, „noch nie zuvor Kühe gesehen“. Ebenso Traditionen wie das Anzünden eines großen Funkenfeuers mitten in einer Ortschaft oder Faschingsumzüge überraschen. Die Teams aus Shanghai wurden in Vorarlberg zwei Wochen lang auf jenen Anlagen geschult, die sie später in ihrem Werk in Betrieb nehmen und bedienen. Die Einschulung ihrer Kollegen in China übernehmen diese Schlüsselkräfte.
Blum produziert in Vorarlberg für den europäischen Markt, in North Carolina für den nordamerikanischen Markt, in Brasilien für den südamerikanischen Markt und mit dem 2022 eröffneten Werk in Shanghai für den asiatischen Markt. Das in den 1980er Jahren gegründete Werk an der Ostküste der USA bietet seinen Mitarbeitern seit über 20 Jahren eine Lehrlingsausbildung und auch im Montagewerk in Polen werden junge Fachkräfte nach einem ähnlichen Modell ausgebildet.
Internationales Training Center
Für die Schulung von Kunden und Mitarbeitern richtete Doppelmayr vor vier Jahren sogar ein eigenes Ropeway Training Center in Dornbirn ein. In der Bildgasse stehen auf 1000 Quadratmetern verschiedene Seilbahnkomponenten und komplette Seilbahnsteuerungen für Ausbildungen bereit. Rund 400 Seilbahnmitarbeiter aus aller Welt üben sich jährlich im Umgang mit Seilbahnen, zum Beispiel der Wartung von Klemmen oder bei der fingierten Fehlersuche im Steuerungssystem.
Die Doppelmayr Gruppe errichtete schon über 15.600 Seilbahnen weltweit. Und egal, in welchem Land die Anlage schlussendlich steht, das Knowhow sowie die hochtechnologischen Komponenten für die beliebten Umlaufseilbahnen kommen immer von den Experten aus Wolfurt.
Es ist beeindruckend, wo Vorarlberger Unternehmen überall auf der Welt Spuren hinterlassen: ob das Knowhow eines Maschinentechnikers bei der Reparatur einer Scharnier-Verformungsanlage in Shanghai oder die Technologie einer PET-Preform für eine CocaCola-Flasche herzustellen im marokkanischen Tanger: Rund 34.000 Menschen in 397 Standorten arbeiten allein für diese sechs Firmen außerhalb Vorarlbergs.
Text: Manuela de Pretis
Fotos (c)Julius Blum GmbH und Doppelmayr Seilbahnen GmbH