Energiewende in der Antarktis

09.12.2024, 10:07 Uhr

Selbst unter den unwirtlichsten Umständen soll vermehrt umweltfreundlich Energie gewonnen werden. Und das Feldkircher Unternehmen Bachmann electronic trägt einen kleinen, aber wichtigen Teil dazu bei.

Die Forschungsstation in der Antarktis

Die Neumayer-Station III des Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), liegt am Rande des antarktischen Festlands und ist Basis der deutschen Antarktisforschung.

Sie wurde 2009 auf 250 Meter dickem schwimmendem Eis erbaut und bietet in den Sommermonaten Platz für 60 Personen. Bisher versorgten Dieselgeneratoren die Forschungseinrichtungen mit Energie. Zwischen 350 und 500 Tonnen verbrauchten die drei eingesetzten Dieselgeneratoren mit einer Leistung von je 160 kW jährlich. Etwa eine Million Tonnen Kohlendioxid gelangten so im Dienste der Forschung in die Luft.

Doch das ändert sich nun: Vor dem Hintergrund des Antarktisvertrags zum Schutz der Umwelt soll der Anteil regenerativer Energie an der Energiebilanz der Station durch die verstärkte Nutzung von Wind- und Sonnenenergie deutlich erhöht werden.

Dieser Plan muss detailliert vorbereitet werden: Der Eisbrecher Polarstern legt jedes Jahr im Spätsommer in Bremerhaven zur Antarktis-Expedition ab, fährt um die halbe Welt und transportiert während der mehrmonatigen Forschungsreise sämtliche Ausrüstung auf die andere Seite des Erdballs. Die Zeit zum Ausführen der Arbeiten in der Antarktis ist dabei äußerst knapp: Alle Arbeiten müssen in der sogenannten Sommersaison ausgeführt werden, das ist zwischen November und Februar. Im polaren Winter wird es leerer und dunkel: Zwischen Mai und September sind nur noch ein Kochprofi, drei Ingenieure, ein Arzt und vier Wissenschaftler vor Ort. Sie bilden das Überwinterungsteam. Dann herrscht eine eisige Polarnacht.

Viele der Maßnahmen beim Umbau der Forschungsstation tragen Pilotcharakter. So auch eine erste Vertikalachs-Windkraftanlage mit einem Rotordurchmesser von zehn Metern. Sie unterstützt das Blockheizkraftwerk der Station mit bis zu 50 Kilowatt und ergänzt die alte Horizontal-Anlage, die bei den extremen Wetterbedingungen mit vielen technischen Problemen zu kämpfen hatte.

Als H-Windgenerator kann die neue Anlage den Wind aus allen Richtungen effektiv nutzen, ohne dass das Rotorblatt verstellt oder die Gondel nachgeführt werden muss. Strom wird bei schwachem Windlagen von zwei Metern pro Sekunde bis zu stürmischen Windgeschwindigkeiten von 25 Metern pro Sekunde erzeugt. Schon diese erste Anlage spart nach Berechnungen das Alfred-Wegener-Instituts bereits 11.300 Liter Diesel pro Jahr ein.

Zwei weitere Windanlagen gleicher Bauart sind bereits fest eingeplant. Zusätzlich könnten später dann optional noch einmal zwei Anlagen errichtet werden, so dass fünf Windkraftanlagen eine Leistung von jeweils 50 Kilowatt bereitstellen würden.

Grundlage für die Konstruktion der noch folgenden Anlagen bilden die gesammelten Daten eines von Bachmann entwickelten, hergestellten und gelieferten Strukturüberwachungssystems (SHM; Structural Health Monitoring). Dieses sammelt am Turm der neuen Windkraftanlage systematisch Messdaten zu
Eigenfrequenz, Neigung und Beschleunigungs-Effektivwerten. Die rauen Umgebungsbedingungen und extremen Temperaturanforderungen erfordern dafür besonders robuste Hardware und Sensorik. Die im Außenbereich installierte Bachmann-Technik ist für einen dauerhaften Betrieb bei Temperaturen von
-30° bis +60°C ausgelegt und erträgt Temperaturspitzen von -40° bis +70°C.

Die Sensor-Daten des SHM-Systems werden zunächst per Ethernet-Link in das Intranet der Polarstation übertragen und gehen dann später per Satellit nach Europa, wo sie vom Bachmann-Partner P.E. Concepts systematisch ausgewertet werden. Die im ersten Betriebsjahr aufgezeichneten Daten befinden sich momentan in der Auswertung. Die Erkenntnisse aus den Messdaten fließen derzeit in die Konstruktion der zweiten Windturbine von Neumayer III.

Fotos (c)bereitgestellt von Bachmann electronic durch Alfred-Wegener-Institut

Diesel-Generator in der Neumayer-Station III des Alfred-Wegener-Instituts.
Die im Außenbereich installierte BachmannTechnik ist für einen dauerhaften Betrieb bei Temperaturen von -30° bis +60°C ausgelegt.